Zwischen Nähe, Einfluss und Neutralität 

Wie interne Berater wirksam bleiben

von Bastian Splonskowski

Du bist mittendrin – stehst aber irgendwie auch daneben. Du sollst unterstützen – aber nicht übernehmen. Du kennst die Kultur – aber darfst dich nicht von ihr einfangen lassen. Als interne Organisationsberaterin oder interner Organisationsberater ist ein wirksames und unabhängiges Arbeiten nicht so einfach.

In meiner Arbeit als interner Organisationsentwickler sind mir ein paar Phänomene begegnet, die ich gern hier mit euch teilen möchte:

Ich werde meist von Führungskräften dann beauftragt, wenn es knirscht. Ich soll Prozesse erleichtern, Dynamiken aufdecken, Teams ins Denken bringen. Gleichzeitig bewege ich mich in einem Geflecht aus Auftraggebern, Mitarbeitenden, Führungskräften und eigenen Haltungsmaximen. Nicht selten bekomme ich es mit verdeckten Erwartungen meiner eigenen Organisation, Loyalitätskonflikten und informellen Spielregeln zu tun.

Eine Frage, die ich mir dabei immer wieder stelle: Wie kann ich in so einem Feld wirksam sein – und dabei klar in der eigenen Rolle bleiben?

Wir stellen uns vor, dass ich als Organisationsberater einen Workshop moderieren soll. Das Thema: „Kulturwandel in der Abteilung“. Mein offizieller Auftrag lautet: „Moderieren Sie mal, damit die Leute sich öffnen und damit wir ein paar neue Methoden kennenlernen.“ Schon beim Vorgespräch merke ich: Der eigentliche Wunsch ist, dass ich bestimmte Haltungen „anstoßen“ oder gar „verändern“ soll.

Ich sitze also im Raum, moderiere offen, wie mir aufgetragen – und spüre, wie Blicke oder kurze Gespräche in der Kaffeepause mich zu Verbündeten machen wollen. Mal von der Führungskraft, mal vom leicht skeptischen Team. Ich soll neutral sein, gleichzeitig etwas bewirken – und möglichst nicht anecken. Kein Wunder, dass viele interne Berater nach solchen Einsätzen das Gefühl haben:

„Ich war anwesend – aber irgendwie nicht immer handlungsfähig.“

Nähe, Distanz, Einfluss: Ein Dilemma

Zunächst schauen wir uns an, was wir als interne Berater auf der Haben-Seite verbuchen können:

Das Wissen über die Organisation kann uns erhebliche Vorteile verschaffen – Wissen über Kultur, Dynamik, Personen & Geschichte helfen dabei, informelle Wege kennenzulernen und schnell zu erfassen, wer wirklich die Entscheidungen trifft. Nähe bedeutet Zugang.

Die Kehrseite der Medaille ist die Gefahr, unfrei zu werden. Wir selbst können bestens nachvollziehen, warum die Dinge „eben so laufen“, arbeiten wir doch in derselben Organisation. Wir hinterfragen Muster nicht mehr, sondern sehen sie als gegeben an. Außerdem kann es unangenehm sein, jemanden mit Mustern zu konfrontieren, mit dem man bei der Weihnachtsfeier noch mit einem Glühwein angestoßen hat.
Plötzlich gerät man in eine Position, in der man nicht mehr allparteilich begleitet – vielmehr glättet man Diskussionen um der Harmonie willen.

Das andere Extrem hilft auch nicht weiter: Zu viel Distanz lässt uns schnell zum „externen Alien“ werden – jemand, der zwar kluge Fragen stellt, aber keine wirkliche Veränderung bewirken kann, weil er nicht akzeptiert wird.

Die Kunst liegt darin, zwischen diesen Polen bewusst zu navigieren und wie so oft einen eleganten Mittelweg zwischen Nähe und Distanz herzustellen.

Das Beratungsdreieck: Zwischen allen Stühlen – oder klug positioniert?

Als Berater arbeite ich in einem klassischen Beratungsdreieck aus Auftraggeberin, dem Team mit Mitarbeitenden und mir selbst. Auftraggeber wollen Veränderung und schnelle Ergebnisse, das Team möchte ehrlich gehört und nicht manipuliert werden und ich selbst möchte Beziehungen gestalten, Erkenntnisse ermöglichen und Klarheit fördern.

Genau hier braucht es Souveränität in der Rollengestaltung. Nicht, um alles zu kontrollieren – sondern um bewusst entscheiden zu können: Wo bin ich Vermittlerin, wo Spiegel, wo Impulsgeber – und wo ziehe ich eine Grenze?

Was hilft uns dabei? 

Regelmäßige Reflexion ist eine wichtige Komponente der internen Beratung und noch wichtiger als bei externen Begleitern. Ob mit sich selbst, im Rahmen eines Coachings oder mit Hilfe von Kollegen und Kolleginnen. Die Selbstklärung bringt Erkenntnisse darüber, in welchen Spannungen wir uns gerade bewegen und wie wir damit umgehen können – denn: Auflösen lassen sich die Spannungen nicht. Wir kommen schließlich morgen wieder im gleichen Unternehmen zur Arbeit.

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