Was dahinter steckt und welche Missverständnisse Du vermeiden solltest
Wenn Du Verantwortung in einer Organisation übernimmst, hast du sicherlich schon viele Herausforderungen gemeistert. Aber hast du jemals daran gedacht, dass der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg nicht im Bearbeiten von Problemen, sondern im Finden von Lösungen liegt? Klingt nach Wortakrobatik? Lass mich dir zeigen, wie die Lösungsfokussierung den Arbeitsalltag von Dir und Deinem Team grundlegend verändern kann.
„Lösungsfokussierung? Ach so, Sie meinen, dass wir Probleme jetzt Herausforderungen nennen.“ Vielleicht hast Du so einen Kommentar auch schon einmal gehört, wenn es darum geht, anders an eine Sache heranzugehen. In diesem Satz schwingt ein gehöriges Maß an Skepsis mit: vermutlich ist das ja nur so eine Berater-Schlaubergerei. Doch hier geht es um mehr als nur um ein modernes Buzzword. „Entdeckt“ wurde diese Denk- und Arbeitsweise fast zufällig von Therapeuten. Sie stellten fest, dass es ihren Patienten deutlich schneller viel besser ging, wenn sie ein paar Dinge einfach anders angingen:
Neue Perspektiven eröffnen – Was genau ist eigentlich Lösungsfokussierung
- Den Blick auf einen wünschenswerten Zustand zu richten, setzt allein schon Kräfte frei, mit denen man im konkreten Thema richtig gut arbeiten kann. Etwas verkürzt: wer sich besser fühlt, kommt auch auf bessere Ideen.
- Die Lösung für ein Problem hat – anders als wir es gemeinhin annehmen – wenig mit den „Bausteinen“ und Tatsachen des Problems zu tun. Vielleicht hast Du es ja auch schon erlebt: in schwierigen Situationen wird analysiert, nach Gründen und Schuldigen gesucht, es wird etwas von links auf rechts gedreht – und im Ergebnis ist das Problem dann zwar anders, aber nicht wirklich gelöst. Wenn das aber so ist, können wir uns doch viel schneller dem zuwenden, was sein soll?
- Es ist wichtig, dem Tunnelblick etwas entgegenzusetzen. In besonderen Ausnahmesituationen neigen wir dazu, die Dinge einseitig zu sehen. Manchmal ist das sehr angenehm, wenn wir z.B. als frisch Verliebte alles rosa-rot sehen. In Problemsituationen wird es jedoch schnell hinderlich, die Welt schwarz-weiß zu sehen. In jedem Fall ist das Leben bunt und lösungsfokussiert Beratende versuchen daher immer, die Farben der Welt wieder ins Bild zu holen.
Unterschied zwischen problemfokussiertem und lösungsfokussiertem Denken
Traditionell neigen wir dazu, Probleme zu analysieren, ihr Entstehen genau nachzuvollziehen und Verantwortlichkeiten zu erkennen. Die Idee dahinter: je mehr wir verstehen, desto klarer wird … – ja was? Im besten Fall wird das ZIEL klarer. Und manchmal ist es tatsächlich auch einfach: die Arbeitsanweisung wird angepasst und das Problem ist gelöst. Das ist prima und wenn es so ist, sollten wir das natürlich auch genauso tun. Die Lösungsfokussierung beginnt an der Stelle, wo trotz Änderung im Offensichtlichen kein „besser“ entsteht. Dann braucht es einfach eine andere Art des Arbeitens.
Anstatt sich auf Probleme zu fixieren, verlagert die Lösungsfokussierung den Blick auf die Identifikation und Nutzung vorhandener Ressourcen und Stärken. Für Dich als Führungskraft bedeutet das nicht nur eine Veränderung im Denken, sondern auch im Handeln. Es geht darum, die Ressourcen in den Vordergrund zu stellen: „Was funktioniert bereits gut und wie können wir mehr davon tun?“
Missverständnisse in Sachen Lösungsfokussierung
Im Alltag werden Dir ein paar typische Einwände und Missverständnisse in Sachen einer lösungsfokussierte Arbeitsweise begegnen. Hier sind drei davon:
- Wortakrobatik: Den ersten haben wir oben schon kurz gehört. Neue Wörter machen die Sache nicht besser; ob Problem oder Herausforderung – „ES“ ist ja trotzdem noch da. Und Schönrednerei helfe ja schließlich auch niemandem. Das stimmt natürlich, doch darum geht es auch nicht. Mit unserer Wortwahl geben wir unserem Denken, Handeln und auch Fühlen eine Richtung. Ein achtsamer Umgang mit Sprache macht also durchaus Sinn. Ich erinnere mich an eine Übung in einem Seminar zur Lösungsfokussierung, die Du gerne für Dich mal ausprobieren kannst. Die Aufgabe bestand darin, für einen sehr negativ behafteten Begriff andere Worte zu suchen. Sie sollten nah am ursprünglichen Begriff sein und dennoch etwas anderes bewirken. Zum Begriff „Kröten schlucken“ entwickelten wir „Kröten-Sommelier“ – zugegeben, kein wirklich sinnvolles Wort, doch welche Bilder entstehen in Deinem Kopf?
- mangelnde Empathie: Ein lösungsfokussiertes Arbeiten nehme die Sorgen, Schmerzen und Ängste der Betreffenden nicht ernst und unterstelle, dass alles mit dem positiven Blick nach vorne aus der Welt geschafft sei. Wer so agieren würde, hätte allerdings in der Tat das Konzept nicht verstanden. Lösungsfokussierung hat nichts mit naivem positivem Denken zu tun, nichts mit wohlmeinenden schulterklopfenden Tipps der Kategorie „das wird schon…“. Vielmehr geht es darum, Schmerzen und Schwierigkeiten zu würdigen ohne darin zu versinken. Mitgefühl schließt die Frage nach den Ressourcen in einer lösungsfokussierten Arbeitsweise ein: wie hast Du es trotz allem geschafft? Diese Frage öffnet den Blick und weckt die Erinnerung an das, was schon da war und ist. Und diese Ressourcen sind Teil der Lösung…
- Ignoranz von Bedeutung und Schwierigkeit des Problems: wer sich nicht umfassend und grundständig mit dem Thema beschäftige, könne nichts Fundiertes zur Lösung beitragen. Ist das so? Bei eher mechanischen, kausalen, „nur“ komplizierten Fragen ist das durchaus richtig: wenn es einen Programmierungsfehler gibt, sollte man den finden und beseitigen. Dafür kann es durchaus Sinn machen, das Entstehen des Fehlers zurückzuverfolgen. Arbeitsweisen im Qualitätsmanagement und im KVP folgen zu Recht dieser Logik. Und daher darf dieser Ansatz einer Problembeseitigung gern zuerst verfolgt werden. Wenn auf diesem Weg sich alle Sorgen in Luft auflösen, ist das prima. Anderenfalls sind wir gut beraten, die Denkweise zu ändern und die Lösung außerhalb des Kausalen zu suchen.